von sven » Montag 16. April 2012, 18:35
Von Rostock nach Altona
Nach diesem wunderbaren Abend in Rostock war ich am Samstag am Warnemünder Strand vornehmlich damit beschäftigt, die bleierne Müdigkeit, ausgelöst durch die sportlich völlig bedeutungslose Nachspielzeit in einer Rostocker Kneipe (nochmal Dank an Eimi für diese Art der Stadtbesichtigung und Fanbetreuung!), aus meinem Kopf zu vertreiben.
Nachdem ich mutmaßlich als letzter unseres kleinen Trosses Rostock am Sonntagvormittag verließ, setzte ich diesem Wochenende ein kleines, aber feines Sahnehäubchen auf und besuchte in Hamburg das Heimspiel des Oberligisten Altonaer FC 93 in der traditionsreichen Adolf-Jäger-Kampfbahn gegen das ambitionierte Team von Germania Schnelsen.
Ein in vielerlei Hinsicht ungewöhnlicher Spielort mit ebenso ungewöhnlichen Fans. Dass das Spiel vor etwas mehr als 600 Zuschauern torlos endete, geriet für mich dabei zur Nebensache: Der AFC ist in der Tabelle bereits jenseits von Gut und Böse und steht ohne Aufstiegsambitionen im vorderen Mittelfeld.
Schon vor dem Eingang wird man von einem nicht mehr ganz jungen DJ empfangen, der die Besucher schon mal musikalisch einstimmt.
Am Stadion selbst nagt deutlich der Zahn der Zeit, aber das macht eigentlich nichts. Hier findet jeder irgendwo einen Platz. Das heißt, noch, da das Gelände leider verkauft wurde und bebaut werden soll.
Im Stadion gibt es einen originellen Mob von Leuten auf der Gegengerade, in der „Meckerecke“ und auf dem „Zeckenhügel“ hinter dem Tor.
Während dem Spiel wurden tatsächlich Wechselsprechchöre zwischen diesen Hochburgen des Altonaer Anhangs angestimmt. Recht viele AFC-Zaunfahnen, sehr schön auch die selbstgezimmerte Anzeigetafel auf dem Zeckenhügel.
Ein ungewöhnlicher Anhang deshalb, weil dort augenscheinlich komplett unterschiedliche Lebensmodelle vertreten sind: „Normale“ Leute jüngeren bis mittleren Alters mit und ohne Kind und Kegel - vermutlich aus dem Viertel; schimpfende Opas (also wie bei uns); Lebenskünstler; so etwas ähnliches wie Alt-Punks; ex (oder noch immer)- St. Pauli-Fans; ein paar HSV-Sympathiesanten; sogar Kuttenträger, Dänen, Engländer und ein paar Leute, die nicht immer Glück im Leben zu haben scheinen (aber trotzdem guter Dinge sind). Habe bestimmt noch welche vergessen…
Das Catering ist deutlich besser als unseres (habe mir sagen lassen, die durchweg freundlichen und gutaussehenden Frauen vom Service sind alles aktive Fußballerinnen der "AFC-Deerns"). Auch die Merchandising-Abteilung kann sich sehen. Klein, aber traditionell und fein.
Hat mir gut gefallen beim AFC. Bin dort sehr gastfreundlich aufgenommen worden. Die Leute mit denen ich gesprochen habe, haben auch interessiert nach unserem Verein gefragt. Schade, dass Altona recht weit ist. Ich würde da sicher öfters vorbeischauen.
Für Liebhaber der etwas anderen Fankultur und des etwas anderen Fußballs, fernab vom großen Kommerz. Dafür mit viel Herz. Ist wirklich was besonderes dort und gibt es so vermutlich auch nur in Hamburg.